„Ungeduld ist ein schlechter Gärtner!“
(Chinesisches Sprichwort)
Ob Neu- oder (Teil-)Umgestaltung, zu Beginn sehen die Anlagen vielleicht etwas seltsam aus. Da gibt es Naturelemente, wie Lebensraumholzstrukturen (Ich vermeide die Bezeichnung Totholz, denn es gibt nichts Lebendigeres als das!), Sandarien speziell für bodennistende Insekten wie z. B. Wildbienen und zu Trockenmauern oder Lesesteinhaufen aufgeschichtete Natur- und Recyclingmaterialien als Habitate für unsere heimische Fauna. Durch Erdmodellierungen und Verwendung von magerem Substrat mag manches Gelände an Endzeitszenarien bzw. Mondlandschaften erinnern. Die noch vegetationsfreien aber bereits angesäten Flächen und die gepflanzten, zierlichen, heimischen Gehölze und Stauden, die gerne im Jungstadium in die Flächen einziehen, weil sie dadurch bessere Wachstumschancen haben, tragen ihren Teil mit dazu bei …
… und dennoch, bei genauem Hinschauen zeigt sich erstes, spontanes, neugieriges Leben! Es sind die Vorboten der Artenvielfalt, die sich in Zukunft dort einfinden und auch bleiben werden. Es entsteht Lebensraum, keine billige Kulisse mit Exoten und Rollrasen. Wer die anfängliche Kargheit aushält, wird von der Natur belohnt und reich beschenkt.
Die nachstehenden Fotos begleiten meine Projekte von der Entstehung bis zur Entwicklung .
Neugestaltung 2024: Privatgarten in Rimhorn (Hessen)
Bauplatz mit Spontanvegetation, darauf ein neues Wohnhaus, ein Carport … ein gewohnter Anblick. Doch der Schein trügt, denn großes ist geplant: ein Naturparadies!
Erste Gäste, wie die Orientalische Mörtelwespe, können es kaum erwarten. Auch Vögel und Eichhörnchen sind bereits regelmäßige Besucher. Die hochmotivierten Gartenbesitzer sorgen sich jetzt schon liebevoll um sie, decken den Tisch und bieten Baumaterial an.
Viel ist ja noch nicht da, sollte man meinen.
Die Erdarbeiten gehen los. Solche Bauvorhaben sind immer große Eingriffe in die Natur. Aber in diesem Fall reicht man der Natur die Hand und das Herz.
Regionaler Kalkschotter wird zwecks Abmagerung auf dem verbliebenen Rohboden aufgetragen. Erste Mulden für verschiedene Habitate werden angelegt.
Regionaler Buntsandstein, im Aushub gefunden sowie zugekauft, wird noch seinen großen Auftritt haben. Lebensraumholz ist bereits zwischengelagert. So leisten Bäume, die bedauerlicherweise nicht erhalten werden konnten, noch gute Dienste.
Alles wird wertgeschätzt!
Die ersten, fast ausschließlich heimischen, Pflanzen ziehen ein. Es wird zwei Hausbäume geben. Am Zierapfel hängen noch Früchte. Mal sehen, wer sie holt! Die Amsel?
Das Eichhörnchen ist dem Grundstück treu geblieben. Kaum gepflanzt, dient die Eibe schon als Versteck für Haselnüsse, die es gerne von den Gartenbesitzern annimmt. Es wird noch eine Weile dauern, bis der gepflanzte Haselnussstrauch Früchte verschenkt.
Einige Fotos und die Geschichten dazu, wurden mir von der Gartenbesitzerin dankenswerterweise zur Verfügung gestellt.
Umgestaltung 2023: Grabstätte in Großostheim (Bayern)
„Wir sind nur Gast auf Erden“ … ist auf dem Grabstein zu lesen. So sollten wir uns auch verhalten und in diesem Fall werden die zwei Quadratmeter als kleines Refugium für Fauna und Flora sogar an die Natur zurückgegeben. Werden / Sein / Vergehen / Neubeginn – im Naturnahen ist der Lebenskreislauf begreifbar, weil sichtbar.
Dabei wird diese Gestaltung auch dazu führen, daß sich der Pflegeaufwand, wie Gießen, Rechen, Wechselflor austauschen etc. stark reduziert.
Weil es immer etwas zu entdecken gibt, wird der Friedhofsgang keine eintönige Routine mehr sein.
Mehr Details und eine kleine Geschichte dazu, gibt es unter folgendem Link:
https://naturgarten.org/wissen/2024/02/05/wir-sind-nur-gast-auf-erden/
Neugierige Blicke von und interessierte Gespräche mit Passanten schon während des Baus. Ist es doch das erste Grab auf diesem Friedhof, das naturnah und artenreich in dieser Form angelegt wird. Die Friedhofssatzung gibt grünes Licht.
Beim starken Rückschnitt des Efeus fliehen vorerst ein paar Schnecken und Marienkäfer. Sicher kommen sie gerne nach der Umgestaltung zurück.
Die klimaresilienten Initialstauden (Kartäusernelke, Zittergras, Edelgamander, Hauswurz (Bestand), Hohe Fetthenne) sind heimisch. Zusammen mit den fast 200 gesteckten Geophyten (Weinbergtulpe, Schachbrettblume, Krokus, Traubenhyazinthe, Alpenveilchenartige Narzisse) werden sie vom zeitigen Frühjahr bis Spätherbst mit Blühaspekten punkten.
Altes krummes Rebholz gibt sofort Struktur und Lebensraum.
Gemulcht ist mit regionalem Kalkschotter 0/32, also mit Feinanteil. Das ist wichtig für die Vegetationsentwicklung.
Die Wasserschale bietet nicht nur Vögeln Flüssigkeit zum Auftanken an. Früher waren hier auch Eidechsen gern und häufig gesehene Gäste – vielleicht finden sie sich ja wieder ein, wenn es künftig mehr solcher Gräber gibt.
Ein herabgefallenes Blatt verziert dieses Grab, anderswo würde es als störend empfunden, auf Zierkies / -schotter und Gräbern mit Vollabdeckung zum Beispiel.
Wer noch mit einer naturnahen Umgestaltung zögert, sollte einen Blick in den Entsorgungscontainer werfen. Hier liegt der hochgezüchtete Wechselflor, wie die beliebte Dipladenia, die unserer Fauna nichts zu bieten hat, als Wegwerfware.
Das erste Frühjahr nach der Umgestaltung (2024). Kritische Stimmen sind kaum noch zu hören. „Mal etwas anders! Auch hübsch!“. Interessante Tierbeobachtungen sind möglich. Die Mauerbienen, die oft vergeblich auf dem Friedhof nach Nahrung suchen, finden hier einen reich gedeckten Tisch.
Sommer 2024: Das Zittergras hat pünktlich zu Muttertag das Grab mit tausenden Herzen geschmückt. Die blühende Rundblättrige Glockenblume wird hoffentlich für viel Nachwuchs sorgen. Dezent stechen die Kartäusernelken heraus. Der Edelgamander öffnet seine ersten Blüten und die Hohe Fetthenne macht sich für den Herbst bereit. Die Samenstände der Traubenhyazinthen sind weiterhin eine geschätzte Zier.
Herbst 2024: Rundblättrige Glockenblume, Edelgamander und Hohe Fetthenne blühen um die Wette. Allerheiligen rückt näher. Überall reges Treiben, Materialschlachten. Nur hier nicht. Pilze haben mit ihrer Arbeit begonnen und zersetzen das Lebensraumholz. Einfach immer schön und lebendig! Vom Schotter ist fast nichts mehr zu sehen.
Bald schließt sich der Jahreskreis und das Grab wird wieder in den Winterschlaf fallen – diesmal mit vielfältigem Unterschlupf für seine unzähligen Bewohner.
Selbst unter der Schneedecke bleibt die Struktur sichtbar. „Ruhe in Frieden“, bis im Frühjahr der Kreislauf des Lebens von neuem beginnt. Es bleibt spannend!
Herbst 2024 auf einem Friedhof im Ortsteil Pflaumheim: Ein weiteres Grab wird individuell naturnah angelegt. Es wird variiert, vor allem in der Bepflanzung – Monotonie braucht niemand – schon gar nicht auf dem Friedhof.
Die Rebhölzer greifen das Thema des Baumes auf dem Grabstein auf und bilden die Wurzeln nach.
Neuanlage 2023 (Teilumgestaltung): Park in der Stadt Kelkheim (Hessen)
Am Anfang war die artenarme Fettwiese mit wenigen kleinen Inseln angesäter heimischer Wiesenpflanzen wie z. B. Flockenblumen.
Der Wunsch: Die Förderung der Artenvielfalt und das Naturerleben für die Menschen sollten ermöglicht werden.
Es sollte ein Sandarium für bodennistende Tiere (z. B. die 70 % der Wildbienen, die mit unseren gutgemeinten Wildbienenhotels nichts anfangen können), ein Eidechsenhabitat und eine artenreiche Wiese entstehen (Denn nur wenn das Nahrungsangebot in der Umgebung paßt, werden die diese Lebensräume angenommen!). Außerdem noch ein Klimabeet mit negativem (Vlies & Schotter ohne Nullanteil) und positivem Bereich (ohne Vlies & Schotter mit Nullanteil) angelegt werden sowie Sitzmöglichkeiten für uns, die menschlichen Parkbesucher.
Wenn das Eidechsenhabitat erst einmal fertig ist, sieht man den unterirdischen Aufbau nicht mehr. Dabei ist gerade für die frostsichere Behausung einiges beim Material und bei der Anordnung zu beachten. Sogar die Himmelsrichtung muß berücksichtigt werden.
Wo jetzt noch Schotter überwiegt, wird sich bald ein grüner Schleier darüberlegen. Die Samen vieler heimischen Wildstauden (hier über 50 verschiedene Arten) warten nur auf eine günstige Gelegenheit zum Keimen. Heimische Stauden und Gehölze wurden gepflanzt und mit viel Liebe Lebensraumholz arrangiert. Tränken in den Natursteinquadern (Taunusschiefer) dürfen auch nicht fehlen, denn u. a. müssen die vorgebohrten Niströhren im vertikalen Lebensraumholz nach der Eiablage gut verschlossen werden.
Der spezielle Sand für das Sandarium war noch nicht richtig eingefüllt und modelliert, schon kamen die ersten neugierigen Insekten. Ein Wunder! Als ob die Tiere nur darauf gewartet hätten.
Die Amsel profitiert von den Erdbewegungen.
Der regenreiche Sommer 2024: Der Natternkopf ist kaum zu bremsen und hat den äußeren Ring übernommen, wird aber als Pionierpflanze in den Folgejahren nachlassen. Das Leben tobt in allen Ecken. Einige Nistgänge im Lebensraumholz sind schon belegt. Vielleicht sind auch schon Wildbienen im Sand eingezogen. Einige Wiesenkräuter haben sich auch durchgesetzt! Mit dem richtigen Mahdregime wird die Wiese immer bunter und vielfältiger werden.
Herbst 2024: Fast schon Ende der Vegetationszeit. Die trockenen Stängel vom Natternkopf ergeben silberfarbene Wintersteher. Die Wildrosen haben kräftige Triebe, die im kommenden Jahr mit vielen Blüten übersät sein werden. Die Efeu-Blüten spenden immer noch Futter für die Efeu-Seidenbiene, eine der letzten aktiven Wildbienen im Jahreslauf. Pilze beginnen das Lebensraumholz zu zersetzen und somit die Nährstoffe aufzuschließen für neues Leben.
Neuanlage 2022: Extensives Biodiversitätsdach in Großostheim OT Pflaumheim (Bayern)
Begrünte Dächer mit Lebensräumen – ein hoher Beitrag gegen Klimaerwärmung und Artensterben. Nur spezielle Pflanzenarten kommen mit diesen spartanischen Lebensbedingungen zurecht – als Ansaat bzw. Pflanzung. Um ein breites Spektrum an Tieren anzulocken, werden aus einfachen, vorhandenen Materialien Strukturen geschaffen, das Substrat modelliert. Vegetationsfreie, sandige Flächen machen hier großen Sinn. (Temporäre) Wassermulden sind oft nur Spielerei. Die Statik des Daches ist immer zu prüfen!
Mit ein wenig Geduld, entwickelt sich auch ein karges Flachdach zu einem Miniaturparadies – Mai / Juli 2024.
Neuanlage 2022: Firmengelände in Schaafheim (Hessen)
„Ich möchte der Natur etwas zurückgeben!“ – das Statement des Eigentümers. Eine bisher brachliegende Fläche des Firmengeländes wurde mit neuen Hallen bebaut. Naturnah macht einfach sympathisch! Seine wertgeschätzten MitarbeiterInnen profitieren spätestens in einem Jahr von der Anlage, denn der Blick aus dem Fenster und der Pausenrundgang werden hier inspirierend und motivierend sein. Es darf auch genascht werden, denn Beerensträucher und Nußgehölze wurden eingeplant.
Vertikales Lebensraumholz z. T. ergänzt mit Vogelnisthilfen, Natursteinquader und Stamm als Sitzgelegenheiten, Pflanzung von heimischen Gehölzen und Stauden sowie Ansaaten erfolgen in Kürze.
Die Vogelschutzhecke zum Nachbargrundstück, die in ein paar Jahren auch Eichhörnchen beherbergen soll: Vertikales Lebensraumholz, Wurzelstöcke mit Steinhaufen u. a. für Eidechsen, heimische Bäume (als Überhälter), heimische Gehölze (mindestens 3-reihig, mit stacheligen Arten), Kletterpflanzen in der Hecke sowie am Zaun, Käferkeller. Auch der breite Weg wird noch begrünt, mit klimatauglichem und pflegeleichtem Blumen-Schotterrasen.
Ein Käferkeller bietet vor allem Käferlarven Lebensraum – d. h. Nahrung. Bevorzugt wird dafür Laubholz verwendet, das ruhig schon etwas modrig sein darf. Im Laufe der Zeit wird immer wieder neues Material aufgefüllt. Bis die ersten Käfer herauskommen kann allerdings viele Jahre dauern. Beim Hirschkäfer z. B. 3 bis 8 Jahre. So lange dauert das Entwicklungsstadium als Engerling. Die Lebenserwartung eines erwachsenen Tieres beträgt nur wenige Wochen. Oft nehmen sie keine Nahrung mehr auf, ihr einziges Ziel ist der Erhalt ihrer Art.
Wir schreiben das Jahr 2023: Überall ist Leben! So schnell und so vielfältig! Jetzt kommt es auf die richtige Pflege an, um die Vielfalt dauerhaft zu bewahren. Die pflegerischen Maßnahmen werden sich im Laufe der Zeit stark reduzieren, denn Dynamik ist erwünscht und die Natur sorgt selbst für Balance.
Das Firmengelände hebt sich von der Umgebung, wo üblicherweise Kirschlorbeer, Glanzmispel und Rollrasen zu sehen sind, deutlich ab.
Ansaaten sind zudem kostengünstig. Die einjährigen Ackerwildkräuter (z. B. Mohn, Kornrade, Kornblume) haben übernommen aber auch die zweijährigen und dauerhaften Stauden stehen z. T. schon in Blüte (z. B. Resede, Nachtviole, Disteln). Sie bleiben als Wintersteher auf den Flächen stehen, denn sie sind die „Puppenstuben“ vieler Insekten.
Zwei Vogelnistkästen sind bereits zu Meisenkinderstuben geworden. Wildbienen, auch viele spezialisierte, freuen sich über die Flora. Eine vegetationsfreie Abbruchkante ist mit Niströhren durchlöchert.
Sommer 2024: Die einjährigen Ackerwildkräuter sind fast verschwunden, die natürliche Sukzession tritt ein. Jetzt kommt es auf die richtige, einfühlsame Pflege an.
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